Marienglas bezeichnet besonders klare, reine Gipskristalle, die sich in dünne Blättchen spalten lassen. Klare Gipskristalle werden auch Selenit genannt, damit kann Marienglas auch als Selenit bezeichnet werden. (s. Beschreibung Gips und Selenit im Erdschatz)
Der deutsche Name Marienglas leitet sich aus seiner traditionellen Verwendung ab. Reliquien und Marienbilder wurden mit dünnen, durchsichtigen Spaltscheiben aus kristallinem Gips abgedeckt. Auf dieses Weise waren die kostbaren Gegenstände geschützt und trotzdem gut sichtbar. Gips hatte gegenüber Glas den Vorteil, gleichmäßig dünn zu sein und keine störenden Blasen aufzuweisen. Marienglas wird auch Frauenglas (ebenfalls durch seine Verwendung für Marienbilder) und Spiegelstein (als Übersetzung seines lateinischen Namens lapis specularis) genannt.

Gips (Marienglas) ist ein weit verbreitetes, kristallwasserhaltiges Calciumsulfat aus der Mineralklasse der Sulfate. Marienglas entsteht wie alle Gips – Formen sekundär. Große massige Ablagerungen von klarem Gips kommen in Spanien vor. Berühmt ist die Marienglashöhle in Friedrichroda mit großen, klaren Marienglas – Kristallen, die die Wände der Höhle bedecken.

Bereits die Römer verwendeten klaren Gips (Marienglas) unter dem Begriff lapis specularis (übersetzt: durchsichtiger oder spiegelnder Stein). Die damals bekannten Vorkommen lagen in Nordafrika und das wichtigste Vorkommen nahe der antiken Stadt Segobriga (heute Cuenca) in Spanien. Lapis specularis wurde hauptsächlich als klare Fensterscheibe in Gebäuden und Lampen eingesetzt. Größere Gegenstände und Scheiben waren ein teurer Luxus der Oberschicht. Als ‚Spiegelstein‘ wurden die glitzernden, gemahlenen Bruchstücke auf Böden aufgestreut, vor allem bei kultischen Feiern, aber auch bei öffentlichen Veranstaltungen.
Die Tradition der Verwendung von Marienglas als Fensterscheibe hat sich durch das Mittelalter fortgesetzt, bis sich zuerst Glimmer als Ersatz durchsetzte und später Glas als Werkstoff dem Marienglas überlegen wurde. Im 19. Jahrhundert wurden religiöse Devotionalien mit einem glitzernden, flimmernden Überzug aus gemahlenem Marienglas versehen.